In diesem Blogeintrag berichtet unser Mitglied Susan über ihre Erfahrungen mit einem Unverpacktladen. Viel Spaß beim Lesen:
Seit fast einem Jahr gibt es jetzt in Lippstadt einen Unverpackt-Laden. Schon davor war ich daran interessiert, weniger Plastikmüll beim Lebensmitteleinkauf zu verursachen, aber irgendwie waren immer die Lebensmittelhersteller und Supermärkte daran schuld, dass es nie klappte. Mit dem neuen Unverpacktladen bot sich mir plötzlich eine neue Einkaufsmöglichkeit in der Nachbarschaft und alle Ausreden waren mit einem Mal vom Tisch oder …?
Wie soll das alles gehen?
Unverpackt einkaufen ist doch sicher alles kompliziert und teuer? Mit dem Rad ist es bestimmt nicht möglich die ganzen Behältnisse zu transportieren. Dann liegt der Radweg wahrscheinlich auch noch neben der Bundesstraße und mit dem Auto wäre der Lebensmitteleinkauf ja ökologisch so gar nicht sinnvoll. Und überhaupt woher soll man denn vorher wissen was man alles für einen Behälter braucht? Nun gut ich wollte es wenigstens versuchen …
Herausforderung angenommen
Der Laden besticht beim ersten Besuch sofort durch die ansprechende Optik aber auch der Andersartigkeit des Einkaufserlebnisses. Man entkommt hier dem langweiligen Einkaufskorb-Supermarktgänge-Geschiebe. Im Unverpacktladen ist man plötzlich wieder selbst gefordert. Das passende Behältnis auswählen, Lebensmittel raussuchen, wiegen, einfüllen - fertig! Ein wenig Stolz stellt sich schon ein, wenn man es geschafft hat die Körner und Pülverchen unfallfrei in die Behälter zu füllen und ganz nebenbei macht sogar Spaß. Nach dem ersten Besuch war ich ein wenig euphorisch aber wieder zuhause angekommen war das Ergebnis nüchtern betrachtet dann doch etwas dürftig: Kaffee, Kichererbsen, Tee und Nudeln. Der Kaffee und der Tee waren zwar alles andere als günstig, aber lecker und hochwertig.
In kleinen Schritten vorwärts
Ich ließ danach erst einige Wochen verstreichen, bis ich mich nach dem ersten Versuch wieder auf den Weg machte. Das bedeutete viel Zeit zum Nachdenken und Planen des nächsten Einkaufs. Ich beobachtete in der Zwischenzeit aufmerksamer die Müllsäcke die Woche für Woche in die gelbe Tonne wanderten und sondierte dabei besonders große Problemfälle. Parallel sammelte ich wie ein Hamster Behälter für den Einkauf, spülte Gläser aus und durchsuchte meinen Vorrat nach passenden Gefäßen. Nicht zuletzt war der vorherige Einkauf deshalb so überschaubar, weil ich gar nicht sonderlich viele große Lebensmittelbehälter besaß.
Als nächstes Projekt nahm ich mir bei den Einkäufen die Frühstückscerealien vor, welche ich als große Müllquelle identifiziert hatte: Haferflocken, Müsli und Cornflakes. Nach einigen müllintensiven Supermarkt-Kaffee Rückfällen etablierte ich dauerhaft den unverpackten Kaffeekauf. In Zeiten von Homeoffice ein riesiges Mülleinsparpotential!
Als nächstes nahm ich mir die Gewürze vor: italienische Kräuter, Paprika, Muskatnüsse, Zimt ... je nachdem wo Nachschub benötigt wurde. Nach und nach konnte ich die Erfolge sehen und wurde mutiger. Ich experimentierte mit verschieden Bohnen und Linsensorten, probierte Nuss-Mus aus, futterte mich durch die verschiedensten süßen Leckereien, fing an auch Öl und Essig abzufüllen und probierte mich auch am Abfüllen von Putzmittel-Konzentrat und Zahnpasta-Tabletten.
Inzwischen ist der Vorratsschrank weitestgehend plastikfrei. Alte Bestände in Plastiktüten werden aufgebraucht und dann nach Möglichkeit unverpackt nachgekauft. Alle anderen Lebensmittel haben inzwischen Gefäße in der passenden Größe gefunden die immer wieder aufgefüllt werden können. Jetzt ist es auch gar nicht mehr kompliziert. Alles hat seine Ordnung.
Unverpackt einkaufen: Bringt das was?
Den Supermarkteinkauf und sämtliches Plastik ersetzen kann der Unverpackt-Laden aktuell leider nicht. Die frischen und gekühlten Lebensmittel kauf man besser in unmittelbarer Nähe, obwohl sie im Laden angeboten werden. Außerdem habe ich auch kein Problem damit in Papier verpacktes Mehl und Salz im Supermarkt zu kaufen, weil es bequemer ist. Auf bestimmte in Plastik verpackte Lebensmittel wollen oder können wir nicht verzichten. Doch trotzdem ist mir der Umstieg bei einem Großteil der haltbaren trockenen Lebensmittel gelungen. Dafür reicht es auch ein bis zweimal im Monat mit dem Rad und zwei großen Packtaschen nach Lippstadt zu fahren (wunderschöner Streckenvorschlag durch die Natur wird verlinkt). Es macht einfach Spaß im Unverpacktladen einzukaufen und ich erfreue mich an unserem Plastik reduzierten und dadurch auch optisch ordentlicheren Vorratsschrank. Die wirkliche Müllreduzierung lässt sich schwer messen, gerade weil aktuell alles andere als normale Zeiten sind. Immerhin haben wir uns von unseren externen 30l Plastikmülleimer getrennt und der Plastikmüll teilt sich jetzt seinen Platz mit dem Restmüll.
Ist unverpackt einkaufen das auf Dauer nicht irre teuer?
Im letzten Jahr haben wir unserer Einkaufverhalten grundlegend umgestellt. Wir kaufen jetzt viel lokaler und viel mehr Bio und dafür weniger Junkfood und hochverarbeitete Lebensmittel aus dem Supermarkt. Dazu entfielen Restaurantbesuche, weswegen wir nicht mehr Geld für Lebensmittel ausgeben als vorher.
Teuer, aber auch sehr lecker sind Nüsse und Fruchtgummi unverpackt. Andererseits kauften wir das im Supermarkt selten in Bioqualität und in rauen Mengen isst man diese dann auch nicht. Des Weiteren sind Livestyle und Hygieneprodukte teuer, was aber okay ist, weil es sich hier eher um Luxusgüter handelt. Einfache Haarseifen und Duschseifen kann man inzwischen auch zu guten Preisen im Supermarkt kaufen.
Günstiger hingegen kommt man im Unverpacktladen bei Haferflocken, Linsen, Kichererbsen und Bohnen. Die trockenen Hülsenfrüchte waren für mich völlig neu und bereichern inzwischen meine gekochten Speisen erheblich.
Gerade exotischere Gewürze oder Lebensmittel, die ich erst einmal nur probieren möchte oder für ein einziges spezielles Rezept benötige kann ich hier genau die für mich richtigen Menge kaufen was letztendlich Ressourcen schont.
Mein absoluter geschmacklicher und preislicher Geheimtipp im Unverpacktladen ist die leckere Bruchschokolade.
Letztendlich glaube ich, dass wir jetzt eher den Preis für die Lebensmittel zahlen, den sie auch wirklich haben. Auf Dauer wollen wir mehr Geld für hochwertige Lebensmittel und weniger Geld für Konsum ausgeben. Seitdem gehen wir bewusster mit Lebensmitteln um und genießen sie mehr.
Für uns hat sich mit dem Unverpacktladen in Lippstadt inzwischen eine gute praktizierbare Lösung zur Plastikreduktion gefunden. Ich würde mich freuen, wenn ihr es auch mal versucht. Ihr seht hier ja, auch bei uns hat es einige Zeit gedauert, den regelmäßigen Einkauf dort zu etablieren.
Unverpacktläden in der Umgebung:
Granél, Beckumer Str. 24, 59555 Lippstadt https://unverpackt-lp.de/
UnVerlpackt, Thaddäusstraße 64, 33415 Verl https://www.unverlpackt.com/
Losgelöst. Weststraße 54, 33615 Bielefeld https://www.losgeloest-bielefeld.de/
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